Cold Case
Wer gibt schon gerne Fehler zu?
Die Arbeit der österreichischen (Kriminal)Polizei ist zweifellos gut, die Aufklärungsquote ist – speziell bei Kapitalverbrechen – hoch. Ein kollektives „Hurra“ wäre dennoch verfrüht.
Ermittlungen bei Kapitalverbrechen erfolgen grundsätzlich unter Erfolgsdruck. Medien, Vorgesetzte, die Frau oder der Herr Minister: Ein Täter muss her! Dies kann dazu führen, dass vorschnell ein Verdächtiger präsentiert wird und in der Folge dadurch ein fataler Tunnelblick entsteht. Der wiederum führt zu einseitigen Ermittlungen: Recherchiert wird nur mehr das, was zur selbsternannten Täterhypothese passt. Was nicht passt, wird passend gemacht und konstruiert. Entlastende Beweise und Spuren, welche zu einem anderen Täter führen könnten, werden ignoriert.
Falsche – weil erzwungene – Geständnisse, welche erfahrungsgemäß bei Jugendlichen, geistig schwerfälligen oder behinderten Personen und psychisch Kranken besonders leicht erwirkt werden können. Geständnisse ohne Anwalt – eine (lückenlose) Videodokumentation ist ohnehin nicht vorgesehen. Ein späterer Widerruf hat meist (zu) wenig Gewicht.
Irrende oder lügende Augenzeugen und Informanten, fehlerhafte Forensik, überforderte Sachverständige, karrierebewusste Staatsanwälte und unfähige oder desinteressierte (Pflicht)verteidiger sind weitere, klassische Ingredienzien, welche zu einem Fehlurteil führen können. „Im Namen der Republik“: Ein Unschuldiger wird eingesperrt.
Wo Menschen arbeiten, passieren Fehler. Man kann diese entweder selbst entdecken oder man kann mit der Nase darauf gestoßen werden. Man kann anschließend bemüht sein sie zu korrigieren – oder zu vertuschen!
Das hohe Ansehen der Justiz geht ihr über alles, der Umgang mit Fehlurteilen ist erschreckend, Statistiken darüber gibt es (sicherheitshalber) keine. Gerichte und Staatsanwaltschaften verteidigen hartnäckig einmal gefällte Urteile und lassen Wiederaufnahmen von Verfahren nur zögerlich und widerwillig zu. Gelernt wird aus Fehler nichts – wozu auch? Selbst bei erwiesenen Fehlleistungen passiert den Polizisten, Staatsanwälten oder Richtern in der Regel nichts.
Der Kampf um die Wiederaufnahme eines Verfahrens gleicht dem gegen Windmühlen. Neben viel Geduld, Durchhaltevermögen und exzellentem juristischen Beistand sind manchmal erfahrene Detektive gefragt.
Aufgedeckte Fehlurteile sind die Spitze eines Eisberges. Oft durch Zufall, massiver Hilfe von Dritten (Journalisten) oder wenn der wahre Täter (etwa im Sterben) gesteht, ist weltweit eine ganze Welle von aufgeklärten Irrtümern vor allem nachträglichen DNA-Untersuchungen zu verdanken. Diese dienen als stärkstes Argument für Gegner der Todesstrafe.
Fehler oder Schlampereien der Polizei können natürlich auch dazu führen, dass Ermittlungen ins Leere gelaufen sind. Etwa deswegen, weil einem Hauptverdächtigen vorzeitig (öffentlich) ein Freibrief ausgestellt wurde. Immerhin noch besser, als wenn ein Unschuldiger zum Handkuss gekommen wäre.
Angehörige eines Opfers klammern sich meist an jeden Strohhalm. Mit Nachdruck wird daher klargestellt, dass wir weder die Weisheit mit dem Löffel gefressen haben noch Wunder bewirken können; schon gar nicht wollen wir am Gewaltmonopol des Staates rütteln. Aber: Die Polizei darf nur Ermittlungsmethoden anwenden, welche ausdrücklich erlaubt sind – wir hingegen dürfen alles, was nicht ausdrücklich verboten ist (Ermittlungen unter Legende, Vermittlung von Lügendetektortests
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