Detektive in Schönbrunn

Detektive in Schönbrunn

Karin MÜCK – Printausgabe vom 30.08.1988 – Kurier |


Die Jagd nach kaiserlichen Souvenirs verlangt viel Spürsinn. Für die Sisi-Ausstellung in Schönbrunn wurde und wird echte Detektivarbeit geleistet.

Mehr als 600.000 Besucher haben seit 2. April die Kaiserin­Elisabeth­Ausstellung in Schönbrunn besichtigt. Eine Bilanz, die Schönbrunn­Manager Wolfgang Kippes nicht nur wegen klingender Kassen jubeln läßt. Die Erfolgszahlen bestätigen das in der Sisi-Schau erstmals erprobte Konzept, das bisher wenig präsentierte kaiserliche Alltagsleben anhand von vielen, authentischen Erinnerungsstücken zu zeigen.

Unermüdlich wird hinter den Kulissen spannende „Detektivarbeit“ betrieben. In Depots, auf in- sowie ausländischen Auktionen – und sogar im Nachtkastl oder in der Kommode des einen oder anderen Privatsammlers werden bisher verborgene Schätze zutage gefördert.

Nach Ende der Monarchie hatte sich viele Stücke aus dem kaiserlichen Privatbesitz in alle Windrichtungen zerstreut. Etwa die berühmten Diamantsterne der Kaiserin. Elisabeth hatte sie an ihre Hofdamen verschenkt.

Jener Original-Stern, der im Juni aus Schönbrunn gestohlen wurde, stammt aus Budapest. Er steht derzeit im Mittelpunkt eines Kriminalrätsels. Von der Kostbarkeit fehlt jede Spur. (In der Ausstellung ist eine Kopie zu sehen). Jetzt wurde ein „echter“ Detektiv engagiert.

Im Fall der ausgestellten schwarzen Stola der Kaiserin Elisabeth hatte alles mit einem glücklichen Zufall begonnen: Ein den „offiziellen“ Sisi-Experten bis dato unbekannter Mann meldete sich in der Schönbrunner Direktion: „Ich hab‘ eine Stola von der Elisabeth zu Hause, wär‘ das was?“ „Wenn’s wirklich so ist, natürlich.“

Aber ist es so? Die Stola „reiste“ in die Modeschule Hetzendorf. „Ist wahrscheinlich echt“, meinten dort die Fachleute für Textiles. Eine Nachdenkpause wurde eingelegt. In diese Nachdenkpause platzte, „Adlerauge“. Michael Wohlfart, Archivar und Mitarbeiter der wissenschaftlichen Abteilung in Schönbrunn, trägt den Spitznamen nicht umsonst. In einer nach Originalbildern aus einer Privatsammlung aufgelegten Postkarten-Serie hatte er „die Sisi“ entdeckt. Mit der schwarzen Stola um die Schultern.

Manchmal wird gar Schönbrunn-Direktor Kippes fündig. Etwa bei einem Bekannten, der ihm vor Jahren stolz von einem Sisi-Schreibtisch erzählt hatte. Als eine Mitarbeiterin bei der Planung der Ausstellung meinte, über die Yachten der Elisabeth müßte unbedingt etwas gezeigt werde, fiel ihm wieder besagter Bekannter ein. Und die passende Geschichte. Der Großvater des Bekannten hatte den Schreibtisch nach Ende des Ersten Weltkrieges gekauft. Als junger Schiffsbau-Ingenieur war er beim Abwracken eines der kaiserlichen Schiffe, der Miramar, in Pula dabeigewesen. Und schon war wieder eine wichtige Leihgabe gefunden.

„Es geht nicht immer so kompliziert zu“, lächelt Kippes. Etwa bei Auktionen, bei denen viele Angebote – „wir lizitieren nie, wir orientieren uns am untersten Limit der Preisschätzung“ -schriftlich erfolgen. Hie und da besucht sogar Kippes eine Versteigerung. „Es ist sehr lustig.“ Zu grübeln beginnt er bereits wieder, studiert er die Kataloge eines Münchner Auktionshauses. „Regelmäßig kommen dort Stücke aus Sisis ungarischem Schloß Gödöllö zum Vorschein. Woher, wissen wir nicht.“

Nachdenklich wird Kippes wird er nach dem derzeitigen Budget für Ankäufe gefragt: „Etwa 100.000 Schilling pro Jahr. Ich weiß, das ist sehr wenig. Aber wir sind eine auf Gewinn ausgerichtete Gesellschaft, die jährlich an ihrem Erfolg gemessen wird. Eine sinnvolle Ankauf-Politik zu betreiben, würde einen langfristigen Plan notwendig machen. Möglicherweise setzt aber bereits der nächste Geschäftsführer schon wieder ganz andere Prioritäten.“

Dazu komme, daß die Ankäufe als Kunstwerke eingestuft werden und von der Steuer nicht abgeschrieben werden können. Sinnvoll wäre es, eine Stiftung ins Leben zu rufen, die als Besitzerin der Sammlung fungiert, Ankäufe tätigt und ihre Bestände für Ausstellungen anbietet. Problem: Es fehlt der Stifter, der das Anfangskapital einbringt. Und wieder wäre ein Detektiv vonnöten .

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