Detektiv stellte Amtschimmel ein Bein

Detektiv stellte Amtschimmel ein Bein

Rudolf Kuzmicki – Printausgabe vom 24.03.1989 – Krone |


Detektive geben nicht nur immer wieder packenden Stoff für erfundene Kriminalstorys, sehr oft tragen sie wie Dietmar Guggenbichler entscheidend zur Aufklärung von Kriminalfällen bei. So brachte auch der Wiener Walter Pöchhacker, mit seiner Truppe bislang unentdeckt von der Öffentlichkeit, den inzwischen zu acht Jahren Haft verurteilten Millionenbetrüger Franz Lettmüller zur Strecke. Wie Österreichs größter Millionenbetrüger das Geld für sein ausschweifendes Leben abzweigte, ist kürzlich in Buchform erschienen.

Freitag, 11. März 1987, ca. 19.30 Uhr: Walter Pöchhacker, Inhaber einer Wiener Detektivagentur, schmiedete schon Pläne für ein freies Wochenende, als ein Telefonanruf alle Überlegungen platzen ließ: „Können Sie sofort einen Mann für uns suchen? Es geht um·-zig Millionen Schilling!“ Der Anruf kam von der Firma Europapier, die nach ihrem Mitarbeiter Franz Lettmüller fahnden ließ. Jenem „bladen Franz“, der in der Folge mit seinen Millionenbetrügereien noch für viele Schlagzeilen sorgen sollte. Der Haftbefehl war fast noch druckfrisch ausgestellt vor wenigen Stunden von der Wirtschaftspolizei.

„Alles, was ich von ihm hatte, waren eine Personsbeschreibung und einige Daten zu Aufenthaltsorten. Fotos gab es keine, berichtet der Detektiv. „Aufgrund der Personenbeschreibung habe ich mir gedacht: Den muß man doch selbst bei stockfinsterer Nacht erkennen …“

Pöchhacker holte fieberhaft alle möglichen lnformationen über Lettmüller ein und hetzte dann sechs Leute auf die Fährte des millionenschweren Übergewichtlers.

Seine Frau Ingrid blieb im Wiener Büro zurück und bildete die „Kommandozentrale“.

Die „Suchhunde“ hatten das Glück des Tüchtigen: „Ich war gerade im steirischen Ort Schäffern unterwegs, auf dem Weg zu Lettmüllers Wochenendhaus am Fuße des Wechsels, als mich meine Frau um halb vier Uhr über Funk aufgeregt verständigte: „Wir haben ihn!“

Ein Mitarbeiter Pöchhackers hatte ihn in einem kleinen Salzburger Dorf zu dieser ungewöhnlichen Zeit aufgestöbert: „Wir wußten, daß Lettmüller dort ein Pferd eingestellt hatte. Dort haben wir ihn auch aufgespürt.“

Auf dem Weg vom Stall zum Gasthaus erspähte ihn Pöchhackers Mitarbeiter. Ich wollte sofort nach Salzburg rasen, blieb aber schon bald mit einer Autopanne hängen – eine böse Ahnung befiel den Detektiv: „Hoffentlich geht nichts schief!“

Das Gefühl trog nicht: Als der Mitarbeiter die Gendarmerie alarmierte und ihr mitteilte, daß im Wirtshaus der steckbrieflich gesuchte Franz Lettmüller abgestiegen sei, blätterte der Gendarm in seinen Fahndungsblättern, um dann lapidar festzustellen: „lch hab‘ nix!“

Davon verständigte er sofort Ingrid Pöchhacker, die in Wien versuchte, alle Hebel in Bewegung zu setzen – vergeblich: „Uns hat fast der Schlag getroffen. Da finden wir einen Mann, für den ein Haftbefehl ausgestellt ist, und dann heißt es überall, man wisse nichts von einem Haftbefehl. Und bei der Wirtschaftspolizei, die Lettmüller zur Fahndung ausgeschrieben hatte, gab es keinen Journaldienst. Ich mußte warten, bis die Erhebungsbeamten um acht Uhr ihren Dienst antraten.“

Bis man schließlich den behördlichen Tiefschlaf durch eine hektische Fahndungstätigkeit ersetzt hatte, wäre es beinahe schon zu spät gewesen: Als das Zimmer von Österreichs wohl bekanntestem Millionenbetrüger „gestürmt“ wurde, war Lettmüller gerade im Begriff, sich aus dem Staub zu machen – seine Frau hatte ihm soeben den Paß nachgebracht.

So hätte es der österreichische Amtsschimmel beinahe geschafft, einen weiteren „Prominenten“ auf die ungeklärte Fahndungsliste zu bringen.

Und wie bei Guggenbichler blieb die Arbeit des Detektivs bei Justiz und Sicherheitsbehörden bislang unbedankt. Denn obwohl Pöchhacker im Auftrag der Firma Europapier noch zahlreiche Unterlagen sicherstellte und Recherchen durchführte. wurde er bis heute noch nicht als Zeuge von den Gerichten angefordert.

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